Neurodermitis: Was kann ich von einer Therapie heutzutage erwarten?

Gegenseitiges Vertrauen zwischen Patient und Arzt ist bei der richtigen Therapiewahl das A und O. Entscheidend ist auch, die Erwartung an die Therapie gemeinsam festzulegen. Wie man hier am besten vorgeht, erklärt Hautarzt Dr. Martin Zikeli im Interview.

Wie können Patienten mit ihren Ärzten gemeinsam zur richtigen Therapie finden?

Dr. Zikeli: Wesentlich ist ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Hautarzt und Patient, um die richtige Therapie zu finden. Patienten sind häufig verunsichert. Manche stehen zum Beispiel Kortisonbehandlungen kritisch gegenüber. Auch zu modernen Systemtherapien (Biologika in Spritzenform oder Januskinase-Hemmer in Tablettenform) haben Patienten viele Fragen.

Eine ruhige und angenehme Atmosphäre im Arztgespräch sowie ausreichend Zeit sind grundlegend dafür, die Erkrankung und Behandlungsoptionen genau erklären zu können. Patienten sollen über ihre Beschwerden und Belastungen im Alltag berichten. Hautärzte haben die Aufgabe, die verschiedenen Wirkungsweisen von Behandlungen sowie Vor- und Nachteile in einfachen Worten zu beschreiben und komplexe Inhalte zu wiederholen. Gegenseitiges Verständnis ist jedenfalls der Schlüssel für den Behandlungserfolg!

Welche Rolle spielen Behandlungsziele?

Dr. Zikeli: Therapieziele sind wichtig, damit Patienten wissen, was sie von einer Therapie erwarten können. Bei Erwachsenen mit Neurodermitis können Beschwerden längerfristig bestehen bleiben, weshalb hier die Behandlung – je nach Erkrankungsverlauf – angepasst werden muss. Wichtig zu wissen: Trotz Therapie können manchmal Schübe auftreten. Patienten sollen nicht gleich verzweifeln und denken, die Behandlung funktioniert nicht und in Eigenregie Entscheidungen treffen. Es gilt: gemeinsam mit dem behandelnden Hautarzt weitere Schritte abzusprechen und dranzubleiben!

Warum ist die längerfristige Betreuung durch EINEN Hautarzt wichtig?
Dr. Zikeli:
Um Verständnis und Vertrauen zwischen Hautarzt und Patient aufzubauen, ist eine längerfristige Begleitung durch EINEN Hautarzt wichtig. Nur so hat der Hautarzt die Möglichkeit, auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten einzugehen: Denn nicht alle Patienten sind mit allen Therapien einverstanden. Der Hautarzt kann Optionen vorschlagen, die jeweiligen Vor- und Nachteile besprechen und gemeinsam mit Patienten eine Therapieentscheidung treffen, die Patienten mittragen können. Es ist nur zweckmäßig, eine Therapie zu starten, wenn Patienten hinter der Therapiewahl stehen.

Was können sich Neurodermitis-Patienten heutzutage von einer Therapie erwarten?

Dr. Zikeli: Gerade bei mäßig bis schweren Erkrankungsverläufen hat es in den vergangenen Jahren große Fortschritte in der Medizin gegeben: durch moderne Systemtherapien kann eine deutliche Reduktion der Neurodermitis-Ekzeme und des Juckreizes erzielt werden. Das bedeutet auch weniger Krankheitsschübe und weniger Kortisonverbrauch. Patienten erfahren wieder mehr Lebensqualität. Manche Patienten berichten davon, dass sie nicht mehr wussten, wie sich ein normales Leben ohne Juckreiz anfühlt und finden durch die Therapie zu einem neuen Lebensgefühl. Das ist für Patient und Arzt natürlich sehr aufbauend!

Von welchen Faktoren hängt der Behandlungserfolg ab?

Dr. Zikeli: Der Behandlungserfolg hängt in erster Linie von der richtigen Therapiewahl ab, die der Arzt gemeinsam mit dem Patienten trifft. Ebenso ist die korrekte Anwendung der Therapie wichtig, für die der Patient verantwortlich ist. Ein weiterer wesentlicher Faktor ist, dass Patienten regelmäßig zur Kontrolle kommen – auch wenn es Patienten gut geht. Es geht darum, den Behandlungserfolg aufrecht zu erhalten. Regelmäßige Informationen und Schulungen durch den Hautarzt fördern ein besseres Verständnis und damit einen bewussteren Umgang mit der Erkrankung.

Wie können Patienten zum Behandlungserfolg konkret beitragen?

Dr. Zikeli: Patienten können aktiv zum Behandlungserfolg beitragen, indem sie folgende Punkte beachten:

  • Dranbleiben: Patienten sollen motiviert bleiben und die Erkrankung aktiv managen. Dazu sind regelmäßige Termine beim Hautarzt wichtig!

  • Basispflege nicht vernachlässigen: Ein- bis zweimal täglich benötigt die sensible Haut bei Neurodermitis die richtige Pflege – auch in beschwerdefreie Phasen.

  • Therapie richtig anwenden: Behandlungen wirken nur, wenn sie eingenommen werden – und zwar in der festgelegten Dosis und im vorgegebenen Zeitabstand. Bei Problemen mit der Behandlung, gilt es, den Hautarzt unbedingt zu kontaktieren.

  • Schubauslösende Faktoren so gut wie möglich meiden: nicht alle Triggerfaktoren lassen sich eingrenzen (z.B. Schwitzen, Pollen), aber manche Allergene (z.B. relevante Nahrungsmittelallergene) sollten gemieden werden.

Wie können sich Patienten optimal auf das Arztgespräch vorbereiten?

Dr. Zikeli: Ich empfehle Patienten, Fragen aufzuschreiben und mitzubringen. Beim Erstbesuch ist es wichtig, dass Patienten ihre Vorbefunde wie Arztbriefe, Histologien oder Allergietests mitnehmen und ihre Vorbehandlungen mitteilen. Auch Fotos von entzündeten Hautstellen sind hilfreich, gerade wenn man in einer beschwerdefreien Phase einen Termin beim Hautarzt hat. Die Fotos sollten dabei – zur schnelleren Auffindbarkeit – in einem eigenen Ordner am Handy abgelegt sein. Oft kann es helfen, wenn eine zweite Vertrauensperson zum Arzttermin mitkommt. Denn im Arztgespräch werden viele Informationen gegeben, die man sich zu zweit einfach besser merken kann. 

Dr. Martin Zikeli ist Facharzt für Dermatologie und Venerologie und Oberarzt an der dermatologischen Abteilung im Landesklinikum Wiener Neustadt. Zudem bietet er eine Wahlarztordination in Maria Enzersdorf. Zu seinen Schwerpunkten gehören unter anderem die Behandlung chronisch-entzündlicher Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Schuppenflechte und Allergien sowie Hautkrankheiten bei Kindern.