Neurodermitis -
Wie wird es behandelt?

Neurodermitis ist noch nicht heilbar, jedoch läuft die Forschung und Entwicklung von Medikamenten zur noch besseren Behandlung auf Hochtouren. Es gibt moderne  Therapien und Wirkstoffklassen, die den Juckreiz und die Schmerzen lindern können. Sprich mit deinem Hautarzt über eine neue Lösung!

Was gibt es Neues?

Neurodermitis kann das Leben ganz schön erschweren.  Eine passende Behandlung trägt dazu bei, dass du dich in deiner Haut wieder wohlfühlst. Hautarzt Priv. Doz. Dr. Rainer Hügel gibt einen Überblick über das  Behandlungsspektrum einschließlich neuer Therapien und Wirkstoffklassen. 


Neurodermitis verstehen und behandeln

Mein Name ist Rainer Hügel und ich arbeite als Hautarzt im Entzündungszentrum Wien und in Bregenz.

Neurodermitis in drei Worten: chronisch, juckend, mit Schlaflosigkeit verbunden.

Neurodermitis wird behandelt bei einfacheren Formen oder bei leichteren Verlaufsformen mit zunächst der Anwendung rückfettender Basispflege. In Schüben der Neurodermitis kommen lokale Kortisoncremes sowie kortisonfreie antientzündlichen Cremes zur Anwendung. Bei mittelschweren und schweren Formen stellten in der Vergangenheit und auch heute noch Lichttherapien einen wesentlichen Pfeiler in der Behandlungsmöglichkeit dar. Ebenso kamen aber auch in den letzten Jahrzehnten Medikamente zum Einsatz, die das Immunsystem breit unterdrücken. Diese Therapien waren nicht selten, aber auch oder sind nicht selten auch mit Nebenwirkungen behaftet.

Moderne Behandlung der Neurodermitis: Erfreulicherweise hat sich in den letzten Jahren/Jahrzehnten das Verständnis zur Entstehung der Neurodermitis deutlich verbessert. Heutzutage wissen wir, dass es sich zum einen um eine Barrierestörungen an der Haut handelt und zum anderen das Immunsystem fehlreguliert ist. Was bedeutet das? Barrierestörung: Sie müssen sich die obere Hautschicht so vorstellen im Mikroskop wie eine Ziegelmauer. Und wir haben einzelne Ziegel nebeneinander und dazwischen einen Mörtel. Und bei Patienten mit atopischen Ekzem ist dieser Mörtel brüchig. Das zweite ist das Immunsystem. Und bei atopischem Ekzem oder Neurodermitis ist dieses Immunsystem fehlreguliert und bestimmte Eiweißmoleküle werden vermehrt produziert im Vergleich zu nichtbetroffenen Patientinnen und Patienten. Und mit modernen Medikamenten ist es nun möglich, dieses Ungleichgewicht wieder in eine Norm zu bringen. Und hierfür stehen uns heutzutage zum einen sogenannte Biologika zur Verfügung. Das sind Antikörper, die gespritzt werden und sich gezielt gegen eines dieser Eiweiße richten, das dann abgebaut wird, oder sogenannte small molecules oder kleine Moleküle, die zum Schlucken beziehungsweise zur oralen Einnahme gedacht sind, die ebenfalls in dieses Immunsystem eingreifen und zu einer Herabregulierung dieser pro- entzündlichen oder entzündungsfördernden Eiweiße führen.

Erfahrungen mit modernen Behandlungen: Insgesamt können wir sagen, dass die Erfahrungen sehr gut sind. Wir haben ein sehr günstiges Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil. Das heißt, hohe Effekte in der Behandlung mit guter Auswirkung auf die Haut, aber selten und meist nur moderate Nebenwirkungen. Zudem möchte ich an dieser Stelle betonen, dass diese Medikamente zum Teil auch bei anderen Fachdisziplinen – vor allem möchte ich hier die Rheumatologie/Innere Medizin erwähnen – schon länger im Einsatz sind und zum Teil schon auch länger zugelassen sind bei rheumatischen Erkrankungen.

Was ich mich Menschen mit Neurodermitis sagen will, ist, dass es sich um eine chronisch entzündliche Erkrankung handelt, die auch heutzutage immer noch nicht heilbar ist. Aber wir haben ein deutlich besseres Verständnis der Entstehung und der immunologischen Vorgänge bei dieser Erkrankung in den letzten Jahren sammeln können. Und durch diese Erfahrungen in der Entstehung der Erkrankung konnten auch erfreulicherweise viele neue Medikamente entwickelt werden. Mit einem sehr guten Nutzen- und Nebenwirkungsprofil: Und ich kann Sie nur aufmuntern, wenn Sie an einer schweren Neurodermitis leiden, die nicht mit lokalen Cremes und/oder Salben ausreichend zu behandeln ist, halten Sie Rücksprache mit Ihrer behandelnden Hautärztin oder Ihrem behandelnden Hautarzt.


"Heutzutage haben wir ein besseres Verständnis über die Erkrankung. Durch diese Erfahrungen konnten viele neue Medikamente entwickelt werden. Ich ermutige Sie, Rücksprache mit Ihrem Hautarzt bzw. Ihrer Hautärztin zu halten, wenn Sie an Neurodermitis leiden und nicht ausreichend behandelt sind." 

 

Priv. Doz. Dr. Rainer Hügel, Hautarzt am Entzündungszentrum Wien und Bregenz

Neurodermitis behandeln

Neurodermitis ist heutzutage gut behandelbar. Die Therapie hängt von der Schwere der Erkrankung ab. Der Schweregrad richtet sich nach der Anzahl und dem Ausmaß der entzündeten Hautstellen sowie der Belastung durch die Erkrankung. Das Gespräch mit deinem Hautarzt ist ein wichtiger Schlüssel, um den zu dir passenden Plan zu entwickeln.

Hautpflege

Für alle Schweregrade kommt eine topische Basistherapie mit rückfettenden, pflegenden Cremen, Salben oder Lotionen zum Einsatz.

Die Basispflege ist für alle Patienten wichtig, unabhängig davon, ob sie gerade einen Schub haben oder nicht. 

Leichte Neurodermitis: Trockene Haut

Leichte Neurodermitis wird mit einer Basistherapie behandelt. Die überwiegend sehr trockene Haut soll zweimal täglich mit rückfettenden und pflegenden Cremen und Lotionen eingecremt werden. Zur Hautreinigung eignen sich am besten seifenfreie Produkte und lauwarmes Wasser.

Leichte Neurodermitis: Schübe und leichte Ekzeme

Im akuten Schub, wenn Symptome und starker Juckreiz vorherrschen, werden meist kortisonhaltige Cremen und Salben in unterschiedlicher Konzentration verordnet. Diese werden bis zum Abklingen der Entzündungen verwendet und dann langsam ausgeschlichen. Auch Phototherapie (UV-Licht-Bestrahlungen) und Calcineurin-Inhibitoren werden eingesetzt. All diese Therapien werden äußerlich angewendet und sind bei einem leichten, unkomplizierten Verlauf sinnvoll.

Mittelschwere oder schwere Neurodermitis: zeitweilig stärker ausgeprägte Ekzeme

Bei mittelschweren Anzeichen werden die genannten Medikamente höher dosiert bzw. auch Lichttherapien angewendet. Wenn die äußerliche Behandlung nicht mehr ausreicht, können systemische (innerlich wirkende) Medikamente zum Einsatz kommen.

Mittelschwere oder schwere Neurodermitis: anhaltend stärker ausgeprägte Ekzeme

Bringen äußerlich angewendete Therapien keine Besserung, können systemische  Medikamente angewendet werden. Systemische Medikamente wirken innerhalb des Körpers. Dazu zählen bisher verfügbare herkömmliche Immunsuppressiva sowie moderne Systemtherapien:

Zu den bisherigen systemischen Therapien gehören Immunsuppressiva. Diese konventionellen Immunsuppressiva unterdrücken das Immunsystem sehr breit und gehen meist mit starken Nebenwirkungen einher. Deshalb sind sie als Langzeittherapie nicht geeignet.

In den letzten Jahren gab es große Fortschritte in der Entwicklung und Erforschung moderner Systemtherapien für Patienten mit einer mittelschweren bis schweren Neurodermitis. Im Gegensatz zu den konventionellen Systemtherapien greifen sie sehr gezielt in das Entzündungsgeschehen ein und unterbinden die überschüssige Immunreaktion, die für die chronische Entzündung verantwortlich ist.

Dazu zählen Biologika als Injektion bzw. Spritze und sogenannte kleine Moleküle (Januskinase-Hemmer) in Tablettenform. Diese modernen Therapien können zu einer sehr schnellen und deutlichen Juckreizlinderung und zu einem nahezu erscheinungsfreien Hautbild führen.

Beide modernen Therapien sind Dauertherapien, um die Erkrankung durchgehend zu kontrollieren. Eine Heilung der Neurodermitis ist momentan noch nicht möglich.

Januskinase (JAK)-Hemmer

„Kleine Moleküle“, auch „small molecules“ genannt“, sind Wirkstoffe, die direkt im Zellinneren gezielt ihre Wirksamkeit entfalten können. Zu den kleinen Molekülen gehören Januskinase-Hemmer. Diese unterbinden die Übertragung des Signals, das in den Zellen die Produktion der entzündungsfördernden Botenstoffe auslöst.

Januskinase-Hemmer werden täglich einmal in Tablettenform eingenommen. Abhängig von der Schwere der Erkrankung gibt es unterschiedlichen Dosierungen. Die Therapie ist daher sehr flexibel.

Januskinase-Hemmer wirken besonders rasch auf den quälenden Juckreiz, reduzieren Anzahl und Schwere der Schübe und  lassen Haut-Ekzeme abheilen. Bei vielen Patienten verschwinden dadurch die Neurodermitis-Symptome. Sie können mit oder ohne Kortison-Cremen verwendet werden.

Jedes Medikament kann auch Nebenwirkungen haben. Bei Patienten über 65, die ein hohes Risiko z.B. für Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen aufweisen oder rauchen sind Januskinase-Hemmer mit Vorsicht anzuwenden. Sollten während der Therapie Nebenwirkungen auftreten, z.B. Anzeichen von Infektionen, ist eine Abklärung mit dem Hautarzt wichtig.

Biologika

Biologika sind monoklonale Antikörper, die an einen Botenstoff des Immunsystems oder an seinen Rezeptor binden. Damit verhindern sie, dass das entzündungsfördernde Signal seine Auswirkungen entfalten kann. Der restliche Teil des Immunsystems läuft unbeeinträchtigt weiter.

Biologika sind biotechnologisch hergestellte Medikamente. Sie werden mittels Injketion unter die Haut in Bauch oder Oberschenkel gespritzt. Je nach Therapie wird die Injektion alle 2 oder alle 4 Wochen verabreicht.

Biologika reduzieren Anzahl und Schwere der Schübe, Ekzeme und Juckreiz. Bei vielen Patienten verschwinden dadurch die Neurodermitis-Symptome. Sie können mit oder ohne Kortison-Cremen verwendet werden.

Jedes Medikament kann auch Nebenwirkungen haben. Sollten während der Therapie Nebenwirkungen auftreten, z.B. Anzeichen von Infektionen, ist eine Abklärung mit dem Hautarzt wichtig.

Alternative Therapien

Zusätzlich zu der gezielten medikamentösen Behandlung gegen die atopische Dermatitis werden oftmals auch Medikamente gegen Allergien verschrieben sowie Antibiotika aufgrund von bakteriellen Infektionen.

Zu den medizinisch anerkannten Maßnahmen gehören z.B.

  • Klima-Therapien
  • Entspannungstechniken
  • Neurodermitis-Schulungen